Das Kuhländchen ...

... dieses schöne, liebliche Land, das sich mit seinen fruchtbaren Hügeln und seinen saftig grünen Wiesen an der jungen Oder, von dem deutschen Dorf Stiebnig bis zur Schwelle der Mährischen Pforte zwischen Karpaten und Sudeten, heiter ausbreitet!

J.W. Giernoth



     Die Landschaft des Kuhländchens

Fährt man von Olmütz, der ehemaligen, historisch anmutenden Landeshauptstadt Mährens, ostwärts auf der Straße die nach Krakau in Polen führt, so gelangt man nach gut 45 Kilometern in eine Ebene. Zwischen den Ausläufern des Sudetengebirges im Nordwesten und dem Gebirgszug Beskiden im Südosten wird diese Senke vom Oberlauf der Oder sowie von verschiedenen Einmündungen kleinerer Zuflüsse geprägt. Seit alters her "Mährische Pforte" genannt, bildet sie eine Wasserscheide zwischen Schwarzem Meer und Ostsee. Hier beginnt das Land, das von seiner einst vorwiegend deutschen Bevölkerung "Kuhländchen" genannt wird. Eine Landschaft, nicht fest zu begrenzen, mit saftigen Wiesen, fruchtbaren Äckern und grünen Hügeln. Weidengebüsch, Eichen und Erlen säumen die junge Oder und die zahlreichen Teiche. Das Malerische dieser gesegneten Landschaft sind seine Berge am Horizont, die den Blick in die Ferne fesseln und seine Weite ahnen lassen. Die Ruinen der Burgen, die einstigen Wächter des Kuhländchens, erinnern an die kämpferische Ritterzeit des Mittelalters und an die Heimsuchungen des Dreißigjährigen Krieges. Dieses "Kuhländchen", ein Land mit blühender Landwirtschaft und erfolgreicher Viehzucht, das davon auch seinen Namen ableiten kann: "Ländchen der Kühe - Kühlandl - Kuhländchen"! Auf der Weltausstellung im Jahre 1873 in Wien wurde die "Rasse des Kuhländler Rindes" wegen ihrer hervorragenden Milchleistung prämiert.

Ungefähr 100.000 deutsche Menschen wohnten um das Jahr 1930 in diesem Landstrich, wo Mähren und das ehemalige Österreichisch-Schlesien zusammentreffen. Hauptstadt und geistiger Mittelpunkt war Neutitschein mit seiner weltberühmten Hutindustrie (Hückel, Peschel), auch Stadt der Tuchmacher genannt. Im nahen Nesselsdorf die Tatra-Automobilwerke, dort wirkte lange Jahre der Ingenieur Hans Ledwinka, der Ferdinand Porsche zum Entwurf des sogenannten "Volkswagens" inspirierte. Blühende Industrie auch in den Städten Fulnek, Odrau, Wagstadt und Freiberg.

Die Stadt Fulnek beherbergte viele Handwerksbetriebe. Sie war der Einkaufsplatz für die umliegenden Dörfer. In Fulnek wirkte von 1618 bis zu seiner Vertreibung aus Glaubensgründen im Jahr 1621 der bekannte Theologe und Pädagoge Jan Amos Comenius, dessen Sprach- und Lesebuch "Orbis Pictus" (Gemalte Welt) bis 1850 in Deutschland und in anderen europäischen Staaten das am weitesten verbreitete Schulbuch war.

Odrau, am jungen Oderfluß gelegen, besaß ein Schloß, dessen Ursprung auf die deutschen Tempelherren des Jahres 1290 zurückgeht. Außer Handwerkern und Kaufleuten hatte sich neben anderen Industriebetrieben vor allem die Gummifabrik Optimit in Odrau angesiedelt. Nahe Odrau, in Jogsdorf, hatte der Industrielle Emil Teltschik 1881(!) eine Knopffabrik eingerichtet. Das Unternehmen hatte in mehreren Hauptstädten Europas und in Übersee seine Vertretungen. Es gehörte mit den Jogsdorfer Steinbrüchen zu den bedeutendsten im Kuhländchen. Seit 1993 besteht eine kommunale Partnerschaft mit der Gemeinde Niefern-Öschelbronn.

Wagstadt

Wagstadt war bekannt durch die im vorigen Jahrhundert von den Brüdern Salcher gegründete "Math. Salcher & Söhne AG", aus der das Markenzeichen "Massag" entstand. Die Erzeugnisse von "Massag", einer Knopf- und Metallwarenfabrik, waren weltweit gefragt.

Neutitschein


Fulnek


Odrau


 

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